Dienstag, 24. Januar 2012

Jonglage, Schnee und tausend Bazaare,,,

Ich habe mir ja einiges vorgenommen was ich hier in Istanbul noch machen will, bevor es wieder nach Hause geht. Übrigens am 3. Februar ist es so weit. Dann heißt es erstmal "bye bye Istanbul". Bis jetzt hab ich nicht mal die hälfte von meiner ToDo-Liste hier abgehackt. Dennoch saß ich nicht nur tatenlos hier rum.

Abant:

Spontan kam die Idee auf, doch Richtung Westen in die Berge zu fahren und dort zu den sieben Seen (Yedigöller) gehen. Morgens ohne konkreten Plan, (und mancher einer auch ohne viel Geld) sind wir in den nächsten Bus eingestiegen und erstmal ab nach Bolu. Dies ist nämlich die größte "Stadt" so in diesem Gebiet. Als wir dann in Bolu im Industriegebiet herausgeworfen wurden, waren wir erstmal nicht so von der Landschaft begeistert. Nach einer kurzen organisatorischen Klarstellung, wo wir am besten eine Bleibe für die Nacht finden können, sind wir erstmal Richtung Bolu Zentrum marschiert, nur um nach ca. 1 1/2 km festzustellen dass uns der Name auf dem Schild irgendwie bekannt vorkommt. Nämlich "Abant"! Da in der nähe waren doch die sieben Seen, also nichts wie hin! Erstmal mussten wir wieder zurück laufen, da Abant in der anderen Richtung war. Zweimal per Anhalter mitgefahren und dann auch noch den netten Autofahrer uns eine Bleibe suchen lassen, sind wir in einer Pension angekommen. Viel Schnee, nur Wald um uns herum, aber keine sieben Seen. Nach einem kurzen Blick auf die Karte die wir in der Pension erhalten haben, konnten wir doch deutlich erkennen, dass Yedigöller doch ganz wo anders ist. Ca. 70 km entfernt von Abant, nämlich nordöstlich von Bolu, wir waren nun südwestlich davon. Auch egal in Abant war es auch sehr schön + einem zugefrorenen See.


Ganz witzige Situation, wie typische Großstadtkinder sind wir in Abant angekommen. Erstmal die nächste Person gefragt, wo den nun Abant sei, hier ist doch nichts ausser einem Haus, einem See und Wald. Der Herr meinte nur, "hier ist Abant". "Ah achso, wir sind schon in Abant?! Und gibt es hier auch einen Supermarkt?". "Ja da drüben."."Diese Scheune da?". "Ja". Ok dann kaufen wir mal in der halb offenen Scheune unser Proviant ein.


Nach ein bisschen rumwandern, Tee trinken, essen und von Hunden verfolgt werden, ging es auch nach einer Übernachtung wieder zurück. Diesmal wollten wir komplett per Anhalter fahreb, welches auch kein großes Problem darstellte. Als wir dann in einem etwas übel riechenden Truck uns reingequetscht hatten und auf dem Weg Richtung Istanbul waren, meinte der Fahrer dass in der Stadt wo er jetzt hinfährt ein Zug nach Istanbul geht. Da wir Lust auf Zug fahren hatten, haben wir da eingewilligt. Und im Nu hat er uns auch schon mit seinem Truck zum Bahnhof gefahren, hat uns noch die Tickets besorgt und hat uns einen schönen Tag gewünscht.


Mavi Kalem:

Hab in der Vergangenheit bereits darüber berichtet, dass ich bei einer Sozialen Einrichtung hier in Istanbul ein Jonglage-Kurs anbieten will. Heute habe wir zu viert 1 1/2 Stunden einen gehalten. 16 aufgedrehte Kindern, die zwischen 7-11 Jahre alt waren und welche ich eigentlich nie so richtig verstanden habe. Mein unglaublich umfangreicher Wortschatz in türkisch sah wie folgt während dem Kurs aus...
Wie heißt Du?; Ja; Nein; Schau; Komm; so; werfen; Ball; Ok; schön; sehr schön; und die Zahlen 1,2 und 3.
Manchmal gab es ein durcheinander, da die Gruppe zu groß war und ein paar zu aufgedrehte Kinder mitgemischt haben. Aber nachdem wir die Gruppe geteilt haben, die eine hälfte gespielt hat und die andere jonglierte, hat es ganz gut geklappt. Immerhin nach 1,5 Stunden jonglieren hat ein Junge bereits ein bisschen mit drei Bällen jonglieren können. Am Freitag geht es in die Zweite Runde.

Hafen Kadiköy

Istanbul:

Soviel konkretes habe ich in den letzten Tagen - bis auf Mavi Kalem und Abant - nicht gemacht. Auf Bazaaren rumgeschlendert, in Kunstausstellungen gegangen und mich einfach weiterhin von der Stadt treiben lassen. Wenn ich hier an irgendwelche bekannten Orte komme oder in irgendeiner bestimmten Situation bin, fange ich bereits schon an, innerlich Abschied zu nehmen.
Wenn ich in Eminönü an dem Kerzenladen oder dem Holzladen vorbei laufe...
...wenn ich von Kadiköy mit dem Bus nach Üsküdar fahre und dort meist ein Obdachloser unter der Brücke anzutreffen ist, der gerade ein Feuerchen macht...
...wenn ich auf dem Schiff meinen Tee schlürfe...
...wenn ich in Kadiköy die Szene-Kneipen durchmache...
...bei rot über die Ampel gehe...
...zum hundertsten Mal auf türkisch geantwortet habe, "Sorry, ich habe nicht verstanden".
...wenn ich mich immer noch über die Stadt wundern kann, wie abgefahren die ist...
...den wunderschönen Sonnenuntergang beobachten kann...
...oder wenn ich den Muezzin rufen höre...
...usw. dies könnte ich jetzt noch ewig weiterspinnen.

Noch kurz was zur Planung der nächsten Tage. Am Wochenende geht es hoch zum schwarzen Meer und nächsten Dienstag bekomme ich besuch mit der ich dann glücklicherweise zusammen nach Hause fliegen kann, dann fällt der Abschied schon nicht so schwer. Und Abschied für immer ist es schließlich auch nicht.



Montag, 9. Januar 2012

Semester ist vorbei!

Nach 12 erholsamen und schönen Tage in Deutschland, bin ich wieder zurück in Istanbul.
Ausblick von der alten Stadtmauer auf der europäischen Seite


Rückblick:
Als ich in in Reutlingen ankam, kam erstmal mein Gehirn nicht hinterher. Morgens war ich noch in Istanbul, volle Straßen, fremde Sprache, action überall...Großstadt.
Und ein paar Stunden später...Reutlingen. Die Straßen sind leer, der Verkehr ist geordnet und es ist so leise um mich herum. Und ich kann alles verstehen! Ein Gefühl von Heimat kommt auf, als ich die  Haustür daheim öffne. Ich fange an mir alles genau anzuschauen, die Küche, das Schlafzimmer, Eßzimmer, Wohnzimmer. Nun bin ich auf Urlaub hier, zwölf Tage lang.
Die Zeit verging schnell, Weihnachten, Geburtstag und Silvester. Und schon ging es wieder zurück nach Istanbul.


 und mal wieder die Bosporus-Brücke




Mein Semester ist nun zu Ende, ich habe letzte Woche meine letzte Prüfung geschrieben, habe zwei Fotografieprojekte abgegeben und einen kleinen Videoclip gedreht und geschnitten.
Wer das Resultat sehen will, kann hier drauf klicken:
http://www.youtube.com/watch?v=7AyZi3cl04M
Es ging um "Trends in Istanbul". Ich habe das Thema ein bisschen modifiziert und nur Schuhe gefilmt. Für den "Aufwand" den ich für das Projekt betrieben habe, ist das Video ganz ok geworden ;-)
Und wer sich jetzt fragt, was mein Video mit Trends zu tun hat...das Projekt war für mein Creative Thinking Kurs, also habe ich was kreatives gemacht.

alter Friedhof

Jetzt habe ich ein Monat Zeit noch all das zu machen, wozu ich in den letzten Monaten nicht gekommen bin. Stadtteile besichtigen, Museen besuchen, Sehenswürdigkeiten abklappern. Und ein paar Tage schwarzes Meer stehen auch noch an.




Mittwoch, 7. Dezember 2011

Christmas Time!

Die letzten Tage hatten wir glücklicherweise wunderschönes Wetter und 16 °C, doch jetzt hat es mit regnen angefangen, hoffentlich hält es nicht so lange an. Mein Semester neigt sich nun dem Ende zu, Projekte müssen abgeschlossen werden und mit lernen sollte ich auch bald anfangen.
Meine Türkischkenntnisse könnten besser sein, aber der komplett andere Satzbau und die Wörter kriege ich immer noch nicht so richtig in meinem Kopf rein. Hier mal ein Beispiel:
Iki gün önce kitap okudum, Wort zu Wort Übersetzung wäre, zwei Tage vor Buch gelesen.
Und dass man die Wörter überhaupt nicht aus irgendwelchen ähnlichen bekannten Wörtern herleiten kann, macht es nicht gerade leichter. Aber ich arbeite daran ;-)

Haus in Kabatas , Sinn und Zweck des Hauses weiß ich leider nicht

Ich war gestern bei einer sozialen Organisation Mavi Kalem (Blauer Stift). Die sind in Fener-Balat, dass ist ein sehr traditioneller Stadtteil. MaviKalem biete viele verschiedene Kurse für Kinder aus dem Viertel an (Mathematik, Englisch, Kunst etc.) und setzt sich zusätzlich für Frauenrechte ein. Wer mehr dazu lesen will, kann sich hier informieren http://www.mavikalem.org/de/calismalarimiz.aspx
Zusammen mit zwei anderen Freunden planen wir im Januar dort ein Zirkuskurs anzubieten und wahrscheinlich auch noch etwas mit Kunst zu machen. Wird bestimmt sehr witzig mit meinem fließenden Türkisch.
War gestern sehr nett dort, als wir reingekommen sind, hat uns gleich ein ca. 8-jähriges Mädchen ganz stolz gefragt Hello, what's your name?. Somit habe ich bereits schon eine weitere Aktivität im Januar, da habe ich schließlich keine Uni mehr.

Galata-Brücke - alltägliches Bild, haufenweise Angler

Und dann habe ich in Eminönü einen super schönen Laden gefunden, welcher alle möglichen Holzartikel (z.B. Holzschatullen, Schränkchen, Schalen, Deko, Truhen etc.) sehr günstig anbietet. In den letzten zwei Wochen bin ich nun schon fleißig am anmalen der Holzartikel. Weiß nur noch nicht, wie ich das alles nach Deutschland transportieren soll, konnte mich nämlich im Laden nicht zurückhalten.

Letzten Montag musste ich eine Präsentation über Intercultural Communication and Conflicts halten. Dabei ging es erstmal über verschiedene Kulturen und verschieden Kommunikationsarten. Anschließend bin ich auf Vorurteile, Differenzen und Missverständnisse eingegangen.Und da es sich sehr gut angeboten hat, habe ich manchmal Studenten vorgeholt mit denen ich ein bisschen Theater gespielt habe. Zum Beispiel Begrüßung und Konversation in der Türkei, wobei man sich ständig anfasst und dann eine Begrüßung aus eher nordeuropäischen Ländern wo eher Distanz gehalten wird. Und da ich alles ein bisschen überspitzt gespielt habe, musste sogar die Lehrerin schmunzeln. Resultat meiner Präsentation war, being open-minded, don't judge unknown behaviors and respect the others.

Ich weiß schon gar nicht mehr wo das war, aber ich mag es

Nun zu meiner Überschrift Christmas Time. Aufgrund des warmen Wetters und das hier Weihnachten so gut wie gar nicht gefeiert wird, habe ich überhaupt nicht das Gefühl, das bald Weihnachten ist.
Vorteil kein Weihnachtsstress, Nachteil ich vermisse es Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt zu trinken.
Aber ab dem 23.12 bin ich ja für zehn Tage daheim in Deutschland.

Bahnhof in Kadiköy (asiatische Seite)







Sonntag, 13. November 2011

Holiday und zerfallene Häuser

Jetzt habe ich gerade zwei Wochen Ferien. Die erste Woche ist leider schon um :-(
Hier wurde das Fest Bayram (Opferfest) gefeiert. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere daran, was ich hier mal über die Schafe geschrieben habe. Seit ein paar Jahren ist es allerdings verboten, die Schafe auf der Straße zu töten, deswegen wird es jetzt in den Hinterhöfen praktiziert. Wir haben es glücklicherweise nur von weitem gesehen, jedoch konnte man es leider überall in Üsküdar riechen. Es ist nach wie vor noch ein sehr wichtiges Fest hier (ungefähr vergleichbar mit Weihnachten bei uns). Das Fleisch der geschlachteten Tiere, wird dann mit den armen Leuten, Freunden und Nachbarn geteilt.

Die zweite Woche habe ich frei, wegen der "Promotion-Week" an meiner Uni. Dort können dann zukünftige Studenten (bzw. die die es werden wollen) an die Universität gehen und sich alles anschauen.
Und danach habe ich dann nur noch vier Wochen und schon ist mein Semester vorbei.
Eigentlich geht mein Semester bis mitte Januar. Meine Prüfungen währen alle zwischen den 25.12-29.12. Aber da ich über Weihnachten nach Hause gehe, ist es auch möglich die Prüfungen früher zu schreiben.
Dann komme ich nur noch nach Istanbul zurück, um Ferien zu machen.

Leider etwas diesig, war trotzdem ein wunderschöner Blick über Istanbul

In der vergangenen Woche sind wir ziemlich viel in Istanbul rumgeirrt. Haben viele neue Stadtteile erkundet, haben lecker gegessen und natürlich das Istanbulerleben in uns aufgesogen. Mal wieder wurde mir vor Augen geführt was für total komplett unterschiedliche Menschen hier leben und wie sich ein Stadtteil, komplett vom anderen Stadtteil unterscheiden kann.
Ein Beispiel ist Taksim. Vielleicht habe ich es schon erwähnt, Taksim ist eigentlich nur der "Taksim Square", nichts besonderes, nur ein Knotenpunkt mit einem riesigen Kreisverkehr und einer Metrostation. Von dort aus geht man dann in die Istiklal Caddesi wo ein Einkaufsladen nach dem anderen zu sehen sind. In den ganzen Seitenstraßen drum herum sind Clubs, Cafes, Bars und Restaurants. Dieser Stadtteil ist sehr modern und sehr europäisch. Man sieht dass hier viel Geld fließt, ein Knotenpunkt für sämtliche Touristen und Einheimische die nach der großen Party-Welt nur so lechzen.
Geht man jedoch ein paar Straßen weiter, findet man sich in einer komplett anderen Welt wieder. Mir fällt gerade nicht der Name dieses Viertels ein, wird jedoch meisten nur als Gypsy-Viertel bezeichnet. Die Straßen sind sehr holprig, die Häuser zerfallen vor sich hin. Zuerst denkt man: "Hier wohnt doch keiner mehr", was jedoch leider nicht der Realität entspricht. Ich habe ein paar Bilder gemacht, allerdings nur am Rande des Viertels, weiter drinnen, kam ich mir irgendwie blöd vor, meine fette Kamera auszupacken und Bilder von zerfallenen Häusern zu machen wo noch Menschen darin wohnen.



Hier werden die Häuser nicht instand Gehalten, dieser Stadtteil hat absolut kein Geld. Wenn man wenige Minuten davor in Taksim war, kommt es einen vor als ob man 200 Jahre in die Vergangenheit gereist ist...







Montag, 31. Oktober 2011

Midterm

Studium
Habe nun bereits meine ersten Midterm-Prüfungen hinter mich gebracht. Und auch schon die erste Note in Introduction to Communication raus bekommen 90 von 100 Punkte :-)
Die anderen drei Prüfungen waren auch nicht schlecht. In den zwei Fotografiekursen musste ich nur ein bisschen was über berühmte Fotografen beantworten und diverse Techniken erklären. Und im Creative Thinking Kurs konnte ich meine Gedanken freien lauf lassen, da ich nur zu zwei total abstrakten Fragestellungen zwei total abstrakte Bilder gemalt habe.
Am Mittwoch dann noch Introduction to Graphics Illustration und Türkisch. Und schon ist die Hälfte des Semesters um.

Damit hier auch mal ein Klischee-Bild landet - Bazar in Eminönü 


Das Hubsysten
Ich versuche die ganze Zeit wenn ich auf der Straße bin ein System heraus zu finden, warum den immer und überall ununterbrochen gehubt wird. Hier ein paar Beispiele:
Wenn ich sagen will "Geh von der Straße, sonst fahr ich dich um" - kurz Hupen,
...wenn ein Auto einfach mitten auf der Straße stehen bleibt (passiert hier oft) - lange Hupen,
...wenn Stau ist und ich möchte irgendwie die Spuren wechseln um schneller voran zu kommen - kurz hupen (lass mich rein) -> antwort darauf, ebenfalls kurz hupen (nein probier es woanders)
...wenn ich "Hallo" sagen will,
...wenn ich mich Aufrege
...wenn ich einfach ausdrücken will dass ich auch da bin
...manchmal auch aus Langeweile

Die Kommunikation
Ich werde hier immer wieder einfach angesprochen, im Bus, auf der Straße oder wenn ich auf einer Bank sitze, setzt sich jemand neben mich und fängt einfach an zu quatschen.
Zum Beispiel gestern. Ich sitze am Hafen auf einer Bank und warte auf ein Freund. Einer vielleicht zwei, drei Jahre älter als ich (kann ich immer schlecht schätzen, da die hier mit Bart immer älter aussehen als sie sind) setzt sich direkt neben mich und begrüsst mich. Er fängt an etwas auf türkisch zu mir zu sagen. Ich konnte nur antworten, dass mein Türkisch schlecht ist und ich ihn nicht verstanden habe. Dann hat das Theater spielen angefangen. Er frägt was, ich verstehe nichts, er benutzt Mimik und Gestiken um mir zu zeigen was er meint. Ich Antworte, dass was ich auf türkisch kann oder zeige ihn was ich meine.
Weiteres Beispiel im Bus, zwei Studenten (ein Pärchen) sitzen neben mir. Sie bietet mir ein Keks an, ich bedanke mich und nehme eins. Sie gibt mir danach nochmal ein Keks, ich bedanke mich nochmal und greife nochmal zu. Wir fangen an zu reden. Small-Talk eine halbe Stunde im Bus.
Es ist ein angenehme Umgangsform hier in Istanbul. Pauschalisieren kann man es natürlich nicht, aber ich habe das Gefühl das viel offener und mehr miteinander kommuniziert wird. Es ist total normal das im Bus fremde Leute miteinander reden. Dies ist wohl auch der Grund, dass über z.B. Deutsche gesagt wird dass sie etwas "kalt" sind.
Ah und angefasst wird sich hier auch die ganze Zeit, wenn jemand mit mir redet, landet oft die Hand des anderen auf meiner Schulter oder um meine Taille. Küsschen geben unter Männer ist hier eine normale Begrüßungsform unter Freunden. Und die Männer laufen hier auch (mehr in den traditionelleren Stadtteilen) Arm in Arm zusammen rum.

Sonst hatte ich in den letzten zwei Wochen wieder so viele Eindrücke, dass sie mir jetzt bereits nicht mehr einfallen. Die Zeit vergeht hier einfach zu schnell. Und diesen Samstag kriege ich bereits schon den lang ersehnten Besuch aus Deutschland + endlich meine Spiegelreflex-Kamera ;-)
Unglaublich, schon bin ich zwei Monate hier...

Istanbul Underground - Der versunkene Palast (Basilikazisterne) 







Sonntag, 16. Oktober 2011

It's raining...

Ja das Wetter ist hier seit einer Woche nicht so toll. Um genau zu sein besch......
Regen, regen und noch mehr regen!
Heute konnte ich keinen Unterschied zwischen einem Bach und den Istanbuler Straßen erkennen. Auch schön, hab mich gleich gefühlt als ob ich in der Natur wandern gehe.

Doch nun einen kurzen Rückblick. Letzte Woche war ich auf den Prinzen Inseln. Perfektes Timing, war der letzte schöne und warme Tag hier. Wir hatten ein spärliches Touri-Mittagessen und haben schrottige Fahrräder ausgeliehen. Schön war es trotzdem!


Keine Autos, mal ein bisschen mehr als fünf Bäume um einen rum und ein perfektes T-Shirt Wetter. Trotz Schrotträder, haben wir einmal die Insel umrundet - gut, die Insel auf der wir waren, war jetzt nicht so groß. Nach Abgabe der Räder, kurze Hafen- und Dörfchen-Tour, ging es dann auch schon wieder zurück.


Da es die ganze Woche geregnet hat, habe ich leider nicht ganz so viel unternommen, ausser Uni, mit Freunde treffen und Party...ah stimmt da war ja auch noch was anderes.
Ich musste letzten Montag nochmal zur Polizei gehen, um mein blaues Büchlein "Residence Permit For Foreigners" abzuholen. Ich hatte natürlich ein Termin, also habe ich eine Vorlesung ausfallen lassen um dort 1,5 Stunden mit Schiff und Bahn hinzufahren. Nach dem ich mein Zettel mit meinem Namen und Termin gezeigt habe, hat die nette Polizistin gemeint ich soll kurz draußen vor dem Büro warten, sie ruft dann meinen Namen. Nach zwei Minuten konnte ich einen laut erkennen der sich grob nach meinem Namen angehört hat, also bin ich wieder rein. Dann bekam ich leider nur ein Satz zu hören, "Noch nicht fertig, komm morgen wieder!". Ok, aber natürlich komme ich gerne morgen wieder, zur selben Zeit, ist gar kein Problem, hab ja auch nichts anderes vor, da kann ich ja auch hier bei Ihnen abhängen...
Am nächsten Tag, selbe Zeit, selber Ort habe ich dann tatsächlich mein Ausweis innerhalb von zwei Minuten in den Händen gehabt, finally!

Heute war ich trotz regnerischem Wetter auf einer kleinen Erkundungstour. Da heute Marathonlauf in Istanbul war und dies die einzige Möglichkeit ist mal zu Fuß auf die Bosporus-Brücke zu kommen, wollten wir uns das natürlich nicht entgehen lassen. Leider sind wir zum Marathon viel zu spät gekommen, auf die Brücke durften wir trotzdem noch kurz, bevor sie wieder für den normalen Verkehr freigegeben wurde.


Und irgendwie passt das regnerische Wetter genauso gut zu Istanbul wie das schöne Wetter...


Steiler Blick nach unten von der Bosporus-Brücke

Einfach schön diese alten trashigen Häuser die man überall in Istanbul finden kann

am Taksim-Square, Tauben über Tauben


Abschließend noch was zu einem Kurs an meiner Uni. Im "Creative Thinking" Kurs musste wir diesmal uns selbst mithilfe einer Kollage beschreiben. Wir hatten eine Stunde Zeit. Dazu konnten wir alles möglich aus verschiedenen Zeitschriften ausschneiden, basteln und was uns sonst noch so einfällt drauf kleben. Da es natürlich ein kreativer Kurs ist, kann man sich ja vorstellen dass ich jetzt nicht ein Kochtopf ausgeschnitten habe, weil ich gerne koche. Vielmehr musste man in einer abstrakten Form sein inneres in die Kollage projizieren. Meine Variante meiner selbst, wäre jetzt zu kompliziert zu erklären, ging allerdings in die Richtung Postmoderne-Kunst und war dreidimensional und ein bisschen trashig. Nachdem alle fertig waren, versuchten die anderen Studenten die jeweiligen Kollagen zu interpretieren. Bei mir habe ich viele versteckte Hinweise über mich selbst eingebaut, die die anderen Studenten nur teilweise deuten konnten. Erstaunlicherweise konnte meine Lehrerin sehr viel richtiges reininterpretieren. Bin schon mal gespannt was wir nächste Woche in der "Bastelstunde" machen werden :-).
Im Fotografie-Kurs müssen wir für nächste Woche ein "daily life" Foto machen. Ich glaube ich nehme eins von denen oben - entweder das Bild mit den Tauben oder das Bild mit dem Mann, der gerade die Straße überquert. Wobei das Bild mit dem Mann fast besser ist...hmm...ich gebe einfach beide ab ;-)



Freitag, 7. Oktober 2011

Ein Monat Istanbul!

Jetzt bin ich schon ein Monat hier! Hab viel gesehen, viel erlebt. Komisches,schönes, aufregendes...
So jetzt versuche ich mal ein Resumé aus den ersten vier Wochen zu ziehen.

Istanbul ist groß, sehr groß. Ich habe das Gefühl dass ich die hälfte des Tages mit warten verbringe. Im Bus, auf dem Campus, auf der Straße. Das Leben hier ist total anders. Mein Lifestyle hat sich innerhalb eines Tages geändert. Mein ganzer Rhythmus ist anders, sofern ich überhaupt von einem Rhythmus hier reden kann. Wenn ich morgens aufstehe, weiß ich meist nicht wo ich abends lande. Im voraus wird hier nicht so viel geplant. Es ergibt sich alles - mit Freunden treffen, Citytour, essen, trinken, Party, einkaufen. Und die Wege sind weit. Wenn ich beschließe nach der Uni auf die europäische Seite zu gehen, bin ich zwei Stunden unterwegs. Und es ist normal!  Es ist wie, wenn ich täglich beschließe mal kurz von Reutlingen nach Freiburg zu fahren und irgendwann nachts wieder nach Hause zu gehen. Somit verbringe ich viel Zeit im Bus, auf dem Schiff oder im Dolmus. Und da ich meist nicht sagen kann, wann ich wo ankomme, komme entweder ich zu früh, zu spät oder die andere Person. Also warten! Doch die Zeit nehme ich hier anders wahr. Es ist nicht schlimm zu warten, meist sind andere Menschen um mich rum, mit denen ich reden, die Wartezeit überbrücken kann. Es ist hier auch schon einfach interessant durch die Stadt zu fahren, neue Sachen zu entdecken. Diese unendlich vielen Reizeinflüsse auf mich einsprudeln zu lassen. Natürlich sehe ich nicht nur schöne und aufregende Sachen. Es gibt manchmal Momente in denen ich kurz inne halte und ich realisiere dass es hier einfach alles gibt, gutes, schlechtes, absurdes.

Ich habe hier total viel nette Menschen getroffen, wie sie unterschiedlicher nicht seien können. Egal wo ich bin, in der Uni, auf der Straße, in einer Bar, ich treffe immer neue Menschen. Komme sofort ins Gespräch und man unternimmt dann einfach etwas zusammen. Kommunikativ scheint hier jeder zu sein, viel viel mehr als in Deutschland. Istanbul als Auffangbecken für jeden. Meine Fotografielehrerin meinte das im vergangenen Jahr von einer geschätzten Zuwanderungszahl von 1er Millionen ausgegangen wird. Genaue Zahlen kann man hier nicht nennen. Das wäre als ob ganz Stuttgart 2x beschließt nach Istanbul zu ziehen.

Leanderturm im Bosporus - dahinter ist Üsküdar zu sehen

Studium:
Meine Kurse sind sehr interessant. In dem Kurs Introduction to Communication müssen wir am ende des Semesters eine Präsentation halten. Natürlich habe ich (als einziger Ausländer) das Thema Intercultural Communication & Conflicts gewählt. Ich glaube dazu kann ich bereits schon einiges präsentieren. Ich werde dazu ins besonders auf die Kommunikation und Unterschiede Türkei - Deutschland eingehen.
In meinem Kurs Creative Thinking, konnte ich noch keinen roten Faden erkennen. Diese Woche haben wir gemalt...Thema? Stelle Dir vor Du bist in einer sehr stressigen Situation und musst irgendwie versuchen dieser stressigen Situation zu entkommen, auszubrechen, runter zu kommen. Mehr wurde dazu nicht erklärt und jetzt zeichnet, ihr habt zwanzig Minuten Zeit dafür. Die kreativste Zeichnung bekommt nächste Woche eine Tafel Schokolade. In dem Moment hatte ich kurz eine stressige Situation, was soll ich den dazu jetzt malen? Und schon hatte ich die Lösung ;-). Einfach an was schönes Denken, durchatmen. Also habe ich was schönes gemalt...
Meine Fotografiekurse fordern mich hier etwas heraus. Alle zwei Wochen müssen wir unsere Ergebnisse vorzeigen. Nächstes Thema ist z.B. eine alltägliche Situation festzuhalten an der irgendetwas besonderes zu finden ist. Ein Aha-Effekt, etwas was nicht sofort auffällt, einem zum schmunzeln bringt oder einen traurig macht. Hmm...ok kann also alles und nichts sein. Und d.h. ich muss die nächsten zwei Wochen immer meine Kamera mitführen.
Mein Türkisch-Kurs ist sehr witzig. Ich glaube meine Lehrerin ist die beste Sprachlehrerin die ich jemals hatte. Absolut verständnisvoll, humorvoll und kann den Unterricht so interessant gestallten das selbst ein übermüdeter Jean folgen kann und nicht selten dabei lachen muss.

Nun noch ein paar Sachen die mir gerade so einfallen:
Kurze Story zu meinem Polizeibesuch hier in der Türkei (don't worry - musste ich hin wegen meinem Visum). Ich habe im Vorfeld eine Nummer bekommen. Das Prinzip ist einfach, wenn meine Nummer am Bildschirm angezeigt wird. Komme ich dran und muss zum jeweiligen Schalter gehen. Blöd nur wenn der Bildschirm ausfällt und nichts mehr anzeigt. Dachten sich die Polizisten auch und haben dann halt eine Stunde lang Tee getrunken. Nach einer Stunde Tee trinken ging der Bildschirm wieder an. Ah ok, jetzt können wir weiter arbeiten. Dann kam ich auch sofort dran :-)

Gestern war ich auf einem Gipsy-Konzert. Sehr schön, alle haben ausgelassen gefeirt, getanzt, gesungen. Blöd nur dass ich heute morgen früh (7 Uhr) aufstehen  musste, um die Türkischstunde nicht zu verpassen. Aber wie schon erwähnt, konnte ich den Kurs auch übermüdet folgen.

Der Döner in Deutschland schmeckt besser! Aber dafür gibt es hier tausend andere leckere Sachen die man essen kann.

Morgen gehe ich mit ein paar anderen Studenten auf die Prinzeninseln. Die sind im Marmarameer und dienen als Zufluchtsort vor dem ganzen Stadtgetummel. Dort fahren keine Autos und sollen landschaftlich sehr schön sein. Auch mal angenehm nach einem Monat kein Autolärm um sich herum zu hören und ein bisschen die Natur zu genießen. Mit dem Schiff brauche ich - soweit ich mitbekommen habe - nur eine halbe Stunde dort hin.


Auch wenn ich das Gefühl habe dass die Stadt mich schneller altern lässt und ich mich manchmal nach Deutschland zurück sehne, freue ich mich jeden Tag hier zu sein und neue Sachen erleben zu können.
Abschließendes Resumé: Istanbul ist schön und hässlich, aufregend und absurd, stressig und entspannend, kommunikativ und ungesund, eine kulturelle Hochburg, ein Auffangbecken, vielfältig, Istanbul!