Freitag, 7. Oktober 2011

Ein Monat Istanbul!

Jetzt bin ich schon ein Monat hier! Hab viel gesehen, viel erlebt. Komisches,schönes, aufregendes...
So jetzt versuche ich mal ein Resumé aus den ersten vier Wochen zu ziehen.

Istanbul ist groß, sehr groß. Ich habe das Gefühl dass ich die hälfte des Tages mit warten verbringe. Im Bus, auf dem Campus, auf der Straße. Das Leben hier ist total anders. Mein Lifestyle hat sich innerhalb eines Tages geändert. Mein ganzer Rhythmus ist anders, sofern ich überhaupt von einem Rhythmus hier reden kann. Wenn ich morgens aufstehe, weiß ich meist nicht wo ich abends lande. Im voraus wird hier nicht so viel geplant. Es ergibt sich alles - mit Freunden treffen, Citytour, essen, trinken, Party, einkaufen. Und die Wege sind weit. Wenn ich beschließe nach der Uni auf die europäische Seite zu gehen, bin ich zwei Stunden unterwegs. Und es ist normal!  Es ist wie, wenn ich täglich beschließe mal kurz von Reutlingen nach Freiburg zu fahren und irgendwann nachts wieder nach Hause zu gehen. Somit verbringe ich viel Zeit im Bus, auf dem Schiff oder im Dolmus. Und da ich meist nicht sagen kann, wann ich wo ankomme, komme entweder ich zu früh, zu spät oder die andere Person. Also warten! Doch die Zeit nehme ich hier anders wahr. Es ist nicht schlimm zu warten, meist sind andere Menschen um mich rum, mit denen ich reden, die Wartezeit überbrücken kann. Es ist hier auch schon einfach interessant durch die Stadt zu fahren, neue Sachen zu entdecken. Diese unendlich vielen Reizeinflüsse auf mich einsprudeln zu lassen. Natürlich sehe ich nicht nur schöne und aufregende Sachen. Es gibt manchmal Momente in denen ich kurz inne halte und ich realisiere dass es hier einfach alles gibt, gutes, schlechtes, absurdes.

Ich habe hier total viel nette Menschen getroffen, wie sie unterschiedlicher nicht seien können. Egal wo ich bin, in der Uni, auf der Straße, in einer Bar, ich treffe immer neue Menschen. Komme sofort ins Gespräch und man unternimmt dann einfach etwas zusammen. Kommunikativ scheint hier jeder zu sein, viel viel mehr als in Deutschland. Istanbul als Auffangbecken für jeden. Meine Fotografielehrerin meinte das im vergangenen Jahr von einer geschätzten Zuwanderungszahl von 1er Millionen ausgegangen wird. Genaue Zahlen kann man hier nicht nennen. Das wäre als ob ganz Stuttgart 2x beschließt nach Istanbul zu ziehen.

Leanderturm im Bosporus - dahinter ist Üsküdar zu sehen

Studium:
Meine Kurse sind sehr interessant. In dem Kurs Introduction to Communication müssen wir am ende des Semesters eine Präsentation halten. Natürlich habe ich (als einziger Ausländer) das Thema Intercultural Communication & Conflicts gewählt. Ich glaube dazu kann ich bereits schon einiges präsentieren. Ich werde dazu ins besonders auf die Kommunikation und Unterschiede Türkei - Deutschland eingehen.
In meinem Kurs Creative Thinking, konnte ich noch keinen roten Faden erkennen. Diese Woche haben wir gemalt...Thema? Stelle Dir vor Du bist in einer sehr stressigen Situation und musst irgendwie versuchen dieser stressigen Situation zu entkommen, auszubrechen, runter zu kommen. Mehr wurde dazu nicht erklärt und jetzt zeichnet, ihr habt zwanzig Minuten Zeit dafür. Die kreativste Zeichnung bekommt nächste Woche eine Tafel Schokolade. In dem Moment hatte ich kurz eine stressige Situation, was soll ich den dazu jetzt malen? Und schon hatte ich die Lösung ;-). Einfach an was schönes Denken, durchatmen. Also habe ich was schönes gemalt...
Meine Fotografiekurse fordern mich hier etwas heraus. Alle zwei Wochen müssen wir unsere Ergebnisse vorzeigen. Nächstes Thema ist z.B. eine alltägliche Situation festzuhalten an der irgendetwas besonderes zu finden ist. Ein Aha-Effekt, etwas was nicht sofort auffällt, einem zum schmunzeln bringt oder einen traurig macht. Hmm...ok kann also alles und nichts sein. Und d.h. ich muss die nächsten zwei Wochen immer meine Kamera mitführen.
Mein Türkisch-Kurs ist sehr witzig. Ich glaube meine Lehrerin ist die beste Sprachlehrerin die ich jemals hatte. Absolut verständnisvoll, humorvoll und kann den Unterricht so interessant gestallten das selbst ein übermüdeter Jean folgen kann und nicht selten dabei lachen muss.

Nun noch ein paar Sachen die mir gerade so einfallen:
Kurze Story zu meinem Polizeibesuch hier in der Türkei (don't worry - musste ich hin wegen meinem Visum). Ich habe im Vorfeld eine Nummer bekommen. Das Prinzip ist einfach, wenn meine Nummer am Bildschirm angezeigt wird. Komme ich dran und muss zum jeweiligen Schalter gehen. Blöd nur wenn der Bildschirm ausfällt und nichts mehr anzeigt. Dachten sich die Polizisten auch und haben dann halt eine Stunde lang Tee getrunken. Nach einer Stunde Tee trinken ging der Bildschirm wieder an. Ah ok, jetzt können wir weiter arbeiten. Dann kam ich auch sofort dran :-)

Gestern war ich auf einem Gipsy-Konzert. Sehr schön, alle haben ausgelassen gefeirt, getanzt, gesungen. Blöd nur dass ich heute morgen früh (7 Uhr) aufstehen  musste, um die Türkischstunde nicht zu verpassen. Aber wie schon erwähnt, konnte ich den Kurs auch übermüdet folgen.

Der Döner in Deutschland schmeckt besser! Aber dafür gibt es hier tausend andere leckere Sachen die man essen kann.

Morgen gehe ich mit ein paar anderen Studenten auf die Prinzeninseln. Die sind im Marmarameer und dienen als Zufluchtsort vor dem ganzen Stadtgetummel. Dort fahren keine Autos und sollen landschaftlich sehr schön sein. Auch mal angenehm nach einem Monat kein Autolärm um sich herum zu hören und ein bisschen die Natur zu genießen. Mit dem Schiff brauche ich - soweit ich mitbekommen habe - nur eine halbe Stunde dort hin.


Auch wenn ich das Gefühl habe dass die Stadt mich schneller altern lässt und ich mich manchmal nach Deutschland zurück sehne, freue ich mich jeden Tag hier zu sein und neue Sachen erleben zu können.
Abschließendes Resumé: Istanbul ist schön und hässlich, aufregend und absurd, stressig und entspannend, kommunikativ und ungesund, eine kulturelle Hochburg, ein Auffangbecken, vielfältig, Istanbul!

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