Montag, 31. Oktober 2011

Midterm

Studium
Habe nun bereits meine ersten Midterm-Prüfungen hinter mich gebracht. Und auch schon die erste Note in Introduction to Communication raus bekommen 90 von 100 Punkte :-)
Die anderen drei Prüfungen waren auch nicht schlecht. In den zwei Fotografiekursen musste ich nur ein bisschen was über berühmte Fotografen beantworten und diverse Techniken erklären. Und im Creative Thinking Kurs konnte ich meine Gedanken freien lauf lassen, da ich nur zu zwei total abstrakten Fragestellungen zwei total abstrakte Bilder gemalt habe.
Am Mittwoch dann noch Introduction to Graphics Illustration und Türkisch. Und schon ist die Hälfte des Semesters um.

Damit hier auch mal ein Klischee-Bild landet - Bazar in Eminönü 


Das Hubsysten
Ich versuche die ganze Zeit wenn ich auf der Straße bin ein System heraus zu finden, warum den immer und überall ununterbrochen gehubt wird. Hier ein paar Beispiele:
Wenn ich sagen will "Geh von der Straße, sonst fahr ich dich um" - kurz Hupen,
...wenn ein Auto einfach mitten auf der Straße stehen bleibt (passiert hier oft) - lange Hupen,
...wenn Stau ist und ich möchte irgendwie die Spuren wechseln um schneller voran zu kommen - kurz hupen (lass mich rein) -> antwort darauf, ebenfalls kurz hupen (nein probier es woanders)
...wenn ich "Hallo" sagen will,
...wenn ich mich Aufrege
...wenn ich einfach ausdrücken will dass ich auch da bin
...manchmal auch aus Langeweile

Die Kommunikation
Ich werde hier immer wieder einfach angesprochen, im Bus, auf der Straße oder wenn ich auf einer Bank sitze, setzt sich jemand neben mich und fängt einfach an zu quatschen.
Zum Beispiel gestern. Ich sitze am Hafen auf einer Bank und warte auf ein Freund. Einer vielleicht zwei, drei Jahre älter als ich (kann ich immer schlecht schätzen, da die hier mit Bart immer älter aussehen als sie sind) setzt sich direkt neben mich und begrüsst mich. Er fängt an etwas auf türkisch zu mir zu sagen. Ich konnte nur antworten, dass mein Türkisch schlecht ist und ich ihn nicht verstanden habe. Dann hat das Theater spielen angefangen. Er frägt was, ich verstehe nichts, er benutzt Mimik und Gestiken um mir zu zeigen was er meint. Ich Antworte, dass was ich auf türkisch kann oder zeige ihn was ich meine.
Weiteres Beispiel im Bus, zwei Studenten (ein Pärchen) sitzen neben mir. Sie bietet mir ein Keks an, ich bedanke mich und nehme eins. Sie gibt mir danach nochmal ein Keks, ich bedanke mich nochmal und greife nochmal zu. Wir fangen an zu reden. Small-Talk eine halbe Stunde im Bus.
Es ist ein angenehme Umgangsform hier in Istanbul. Pauschalisieren kann man es natürlich nicht, aber ich habe das Gefühl das viel offener und mehr miteinander kommuniziert wird. Es ist total normal das im Bus fremde Leute miteinander reden. Dies ist wohl auch der Grund, dass über z.B. Deutsche gesagt wird dass sie etwas "kalt" sind.
Ah und angefasst wird sich hier auch die ganze Zeit, wenn jemand mit mir redet, landet oft die Hand des anderen auf meiner Schulter oder um meine Taille. Küsschen geben unter Männer ist hier eine normale Begrüßungsform unter Freunden. Und die Männer laufen hier auch (mehr in den traditionelleren Stadtteilen) Arm in Arm zusammen rum.

Sonst hatte ich in den letzten zwei Wochen wieder so viele Eindrücke, dass sie mir jetzt bereits nicht mehr einfallen. Die Zeit vergeht hier einfach zu schnell. Und diesen Samstag kriege ich bereits schon den lang ersehnten Besuch aus Deutschland + endlich meine Spiegelreflex-Kamera ;-)
Unglaublich, schon bin ich zwei Monate hier...

Istanbul Underground - Der versunkene Palast (Basilikazisterne) 







Sonntag, 16. Oktober 2011

It's raining...

Ja das Wetter ist hier seit einer Woche nicht so toll. Um genau zu sein besch......
Regen, regen und noch mehr regen!
Heute konnte ich keinen Unterschied zwischen einem Bach und den Istanbuler Straßen erkennen. Auch schön, hab mich gleich gefühlt als ob ich in der Natur wandern gehe.

Doch nun einen kurzen Rückblick. Letzte Woche war ich auf den Prinzen Inseln. Perfektes Timing, war der letzte schöne und warme Tag hier. Wir hatten ein spärliches Touri-Mittagessen und haben schrottige Fahrräder ausgeliehen. Schön war es trotzdem!


Keine Autos, mal ein bisschen mehr als fünf Bäume um einen rum und ein perfektes T-Shirt Wetter. Trotz Schrotträder, haben wir einmal die Insel umrundet - gut, die Insel auf der wir waren, war jetzt nicht so groß. Nach Abgabe der Räder, kurze Hafen- und Dörfchen-Tour, ging es dann auch schon wieder zurück.


Da es die ganze Woche geregnet hat, habe ich leider nicht ganz so viel unternommen, ausser Uni, mit Freunde treffen und Party...ah stimmt da war ja auch noch was anderes.
Ich musste letzten Montag nochmal zur Polizei gehen, um mein blaues Büchlein "Residence Permit For Foreigners" abzuholen. Ich hatte natürlich ein Termin, also habe ich eine Vorlesung ausfallen lassen um dort 1,5 Stunden mit Schiff und Bahn hinzufahren. Nach dem ich mein Zettel mit meinem Namen und Termin gezeigt habe, hat die nette Polizistin gemeint ich soll kurz draußen vor dem Büro warten, sie ruft dann meinen Namen. Nach zwei Minuten konnte ich einen laut erkennen der sich grob nach meinem Namen angehört hat, also bin ich wieder rein. Dann bekam ich leider nur ein Satz zu hören, "Noch nicht fertig, komm morgen wieder!". Ok, aber natürlich komme ich gerne morgen wieder, zur selben Zeit, ist gar kein Problem, hab ja auch nichts anderes vor, da kann ich ja auch hier bei Ihnen abhängen...
Am nächsten Tag, selbe Zeit, selber Ort habe ich dann tatsächlich mein Ausweis innerhalb von zwei Minuten in den Händen gehabt, finally!

Heute war ich trotz regnerischem Wetter auf einer kleinen Erkundungstour. Da heute Marathonlauf in Istanbul war und dies die einzige Möglichkeit ist mal zu Fuß auf die Bosporus-Brücke zu kommen, wollten wir uns das natürlich nicht entgehen lassen. Leider sind wir zum Marathon viel zu spät gekommen, auf die Brücke durften wir trotzdem noch kurz, bevor sie wieder für den normalen Verkehr freigegeben wurde.


Und irgendwie passt das regnerische Wetter genauso gut zu Istanbul wie das schöne Wetter...


Steiler Blick nach unten von der Bosporus-Brücke

Einfach schön diese alten trashigen Häuser die man überall in Istanbul finden kann

am Taksim-Square, Tauben über Tauben


Abschließend noch was zu einem Kurs an meiner Uni. Im "Creative Thinking" Kurs musste wir diesmal uns selbst mithilfe einer Kollage beschreiben. Wir hatten eine Stunde Zeit. Dazu konnten wir alles möglich aus verschiedenen Zeitschriften ausschneiden, basteln und was uns sonst noch so einfällt drauf kleben. Da es natürlich ein kreativer Kurs ist, kann man sich ja vorstellen dass ich jetzt nicht ein Kochtopf ausgeschnitten habe, weil ich gerne koche. Vielmehr musste man in einer abstrakten Form sein inneres in die Kollage projizieren. Meine Variante meiner selbst, wäre jetzt zu kompliziert zu erklären, ging allerdings in die Richtung Postmoderne-Kunst und war dreidimensional und ein bisschen trashig. Nachdem alle fertig waren, versuchten die anderen Studenten die jeweiligen Kollagen zu interpretieren. Bei mir habe ich viele versteckte Hinweise über mich selbst eingebaut, die die anderen Studenten nur teilweise deuten konnten. Erstaunlicherweise konnte meine Lehrerin sehr viel richtiges reininterpretieren. Bin schon mal gespannt was wir nächste Woche in der "Bastelstunde" machen werden :-).
Im Fotografie-Kurs müssen wir für nächste Woche ein "daily life" Foto machen. Ich glaube ich nehme eins von denen oben - entweder das Bild mit den Tauben oder das Bild mit dem Mann, der gerade die Straße überquert. Wobei das Bild mit dem Mann fast besser ist...hmm...ich gebe einfach beide ab ;-)



Freitag, 7. Oktober 2011

Ein Monat Istanbul!

Jetzt bin ich schon ein Monat hier! Hab viel gesehen, viel erlebt. Komisches,schönes, aufregendes...
So jetzt versuche ich mal ein Resumé aus den ersten vier Wochen zu ziehen.

Istanbul ist groß, sehr groß. Ich habe das Gefühl dass ich die hälfte des Tages mit warten verbringe. Im Bus, auf dem Campus, auf der Straße. Das Leben hier ist total anders. Mein Lifestyle hat sich innerhalb eines Tages geändert. Mein ganzer Rhythmus ist anders, sofern ich überhaupt von einem Rhythmus hier reden kann. Wenn ich morgens aufstehe, weiß ich meist nicht wo ich abends lande. Im voraus wird hier nicht so viel geplant. Es ergibt sich alles - mit Freunden treffen, Citytour, essen, trinken, Party, einkaufen. Und die Wege sind weit. Wenn ich beschließe nach der Uni auf die europäische Seite zu gehen, bin ich zwei Stunden unterwegs. Und es ist normal!  Es ist wie, wenn ich täglich beschließe mal kurz von Reutlingen nach Freiburg zu fahren und irgendwann nachts wieder nach Hause zu gehen. Somit verbringe ich viel Zeit im Bus, auf dem Schiff oder im Dolmus. Und da ich meist nicht sagen kann, wann ich wo ankomme, komme entweder ich zu früh, zu spät oder die andere Person. Also warten! Doch die Zeit nehme ich hier anders wahr. Es ist nicht schlimm zu warten, meist sind andere Menschen um mich rum, mit denen ich reden, die Wartezeit überbrücken kann. Es ist hier auch schon einfach interessant durch die Stadt zu fahren, neue Sachen zu entdecken. Diese unendlich vielen Reizeinflüsse auf mich einsprudeln zu lassen. Natürlich sehe ich nicht nur schöne und aufregende Sachen. Es gibt manchmal Momente in denen ich kurz inne halte und ich realisiere dass es hier einfach alles gibt, gutes, schlechtes, absurdes.

Ich habe hier total viel nette Menschen getroffen, wie sie unterschiedlicher nicht seien können. Egal wo ich bin, in der Uni, auf der Straße, in einer Bar, ich treffe immer neue Menschen. Komme sofort ins Gespräch und man unternimmt dann einfach etwas zusammen. Kommunikativ scheint hier jeder zu sein, viel viel mehr als in Deutschland. Istanbul als Auffangbecken für jeden. Meine Fotografielehrerin meinte das im vergangenen Jahr von einer geschätzten Zuwanderungszahl von 1er Millionen ausgegangen wird. Genaue Zahlen kann man hier nicht nennen. Das wäre als ob ganz Stuttgart 2x beschließt nach Istanbul zu ziehen.

Leanderturm im Bosporus - dahinter ist Üsküdar zu sehen

Studium:
Meine Kurse sind sehr interessant. In dem Kurs Introduction to Communication müssen wir am ende des Semesters eine Präsentation halten. Natürlich habe ich (als einziger Ausländer) das Thema Intercultural Communication & Conflicts gewählt. Ich glaube dazu kann ich bereits schon einiges präsentieren. Ich werde dazu ins besonders auf die Kommunikation und Unterschiede Türkei - Deutschland eingehen.
In meinem Kurs Creative Thinking, konnte ich noch keinen roten Faden erkennen. Diese Woche haben wir gemalt...Thema? Stelle Dir vor Du bist in einer sehr stressigen Situation und musst irgendwie versuchen dieser stressigen Situation zu entkommen, auszubrechen, runter zu kommen. Mehr wurde dazu nicht erklärt und jetzt zeichnet, ihr habt zwanzig Minuten Zeit dafür. Die kreativste Zeichnung bekommt nächste Woche eine Tafel Schokolade. In dem Moment hatte ich kurz eine stressige Situation, was soll ich den dazu jetzt malen? Und schon hatte ich die Lösung ;-). Einfach an was schönes Denken, durchatmen. Also habe ich was schönes gemalt...
Meine Fotografiekurse fordern mich hier etwas heraus. Alle zwei Wochen müssen wir unsere Ergebnisse vorzeigen. Nächstes Thema ist z.B. eine alltägliche Situation festzuhalten an der irgendetwas besonderes zu finden ist. Ein Aha-Effekt, etwas was nicht sofort auffällt, einem zum schmunzeln bringt oder einen traurig macht. Hmm...ok kann also alles und nichts sein. Und d.h. ich muss die nächsten zwei Wochen immer meine Kamera mitführen.
Mein Türkisch-Kurs ist sehr witzig. Ich glaube meine Lehrerin ist die beste Sprachlehrerin die ich jemals hatte. Absolut verständnisvoll, humorvoll und kann den Unterricht so interessant gestallten das selbst ein übermüdeter Jean folgen kann und nicht selten dabei lachen muss.

Nun noch ein paar Sachen die mir gerade so einfallen:
Kurze Story zu meinem Polizeibesuch hier in der Türkei (don't worry - musste ich hin wegen meinem Visum). Ich habe im Vorfeld eine Nummer bekommen. Das Prinzip ist einfach, wenn meine Nummer am Bildschirm angezeigt wird. Komme ich dran und muss zum jeweiligen Schalter gehen. Blöd nur wenn der Bildschirm ausfällt und nichts mehr anzeigt. Dachten sich die Polizisten auch und haben dann halt eine Stunde lang Tee getrunken. Nach einer Stunde Tee trinken ging der Bildschirm wieder an. Ah ok, jetzt können wir weiter arbeiten. Dann kam ich auch sofort dran :-)

Gestern war ich auf einem Gipsy-Konzert. Sehr schön, alle haben ausgelassen gefeirt, getanzt, gesungen. Blöd nur dass ich heute morgen früh (7 Uhr) aufstehen  musste, um die Türkischstunde nicht zu verpassen. Aber wie schon erwähnt, konnte ich den Kurs auch übermüdet folgen.

Der Döner in Deutschland schmeckt besser! Aber dafür gibt es hier tausend andere leckere Sachen die man essen kann.

Morgen gehe ich mit ein paar anderen Studenten auf die Prinzeninseln. Die sind im Marmarameer und dienen als Zufluchtsort vor dem ganzen Stadtgetummel. Dort fahren keine Autos und sollen landschaftlich sehr schön sein. Auch mal angenehm nach einem Monat kein Autolärm um sich herum zu hören und ein bisschen die Natur zu genießen. Mit dem Schiff brauche ich - soweit ich mitbekommen habe - nur eine halbe Stunde dort hin.


Auch wenn ich das Gefühl habe dass die Stadt mich schneller altern lässt und ich mich manchmal nach Deutschland zurück sehne, freue ich mich jeden Tag hier zu sein und neue Sachen erleben zu können.
Abschließendes Resumé: Istanbul ist schön und hässlich, aufregend und absurd, stressig und entspannend, kommunikativ und ungesund, eine kulturelle Hochburg, ein Auffangbecken, vielfältig, Istanbul!